Zurück auf die Schulbank

Nach zwei Tagen langsamen Ankommens und ersten Akklimatisierens haben am Montag die Vorlesungen am Asian College of Journalism, kurz: ACJ, begonnen. Wir, die wir zu viert zusammen im B&B Springhaven abgestiegen sind, kamen natürlich direkt am ersten Tag zu spät. Erst warteten wir eine viertel Stunde vergebens darauf, dass sich das bestellte Uber-Taxi in unsere Richtung bewegt, dann schwenkten wir kurzerhand auf eine Rikscha um, wofür jedoch weitere zehn Minuten verstrichen, weil diese Idee in der montaglichen Rushhour viele Menschen hatten und der Fahrer, der sich schließlich fand, den Ort nicht kannte, woraufhin sich ein zweiter Fahrer hinzugesellte und beide die mögliche Route besprachen. Was hierzulande absolut normal ist und eigentlich kein Problem, wäre da nicht der Zeitdruck gewesen. Als wir endlich losfuhren, war es kurz nach halb zehn. Bei einer Fahrtzeit von etwa 20 Minuten und offiziellem Start um zehn Uhr knapp, aber machbar. Bevor wir uns allerdings in allzu großer Sicherheit wähnten, stoppten wir vor der Schnellstraße, die uns vom ACJ trennte und die laut Fahrer überquerbar sei, es kam zu einer weiteren Absprache mit einem weiteren Herren, bis wir entschieden, den Rest des Weges zu Fuß zu gehen. So weit, so gut, wären wir nicht falsch abgebogen, was schließlich dazu führte, dass wir das halbe (minimal weitläufige) Gelände, auf dem sich das ACJ befindet, umlaufen mussten, weil kein Weg über beziehungsweise durch die Mauer führte. Abgesehen davon waren wir viel zu spät aufgebrochen, aber den Aspekt der Geschichte ließen wir bei Ankunft natürlich unerwähnt. Der kleine Wurm am Montagmorgen.

Der Weg auf das Gelände zum ACJ

Das ACJ, an dem wir für die nächsten zwei Wochen auf Indien eingestimmt werden, gilt als eine der renommiertesten Journalistenschulen des Landes. Und seine Dozenten als eher linksliberal, was unter der jetzigen Regierung mit einer steten und mehr oder weniger unverblümten Systemkritik einhergeht, was ich jedoch als durchaus anregend und bereichernd empfinde. Die Tage sind allesamt gut durchgetaktet meist mit je einer Vorlesung am Vormittag und einer am Nachmittag und anschließender Diskussion. Bisher haben wir Einblicke in Indiens Gesundheitspolitik, das Kastenwesen, die Geschichte des Theaters und die (rudimentäre bis nicht vorhandene) Umweltpolitik erhalten. Für eine größere Anschaulichkeit wurde der letzte Vortrag nach draußen verlegt. Zusammen mit Nityanand Jayaraman, einem indischen Journalisten und Aktivisten, sind wir früh am Morgen in den Norden Chennais gefahren, um uns Ennore Creek anzuschauen, eine Bucht an der Koromandelküste, in der sich das Meerwasser im Hinterland "rückstaut" und die Ökosysteme durch die dort ansässigen Kohlekraftwerke über Jahre stark geschädigt wurden. Ein wirklich interessantes Thema, auf das ich zu einem späteren Zeitpunkt (hoffe ich) noch einmal zurückkommen werde (sofern es die Zeit erlaubt).

Das Asian College of Journalism

Heute geht es weiter mit der gegenwärtigen Situation der indischen News-Medien, was aus aktuellem Anlass sicherlich eine etwas andere Richtung einnehmen wird als geplant, da gestern Abend die indische Journalistin Gauri Lankesh, bekannt für ihre Kritik an der extrem rechten Hindutva-Politik, vor ihrem Haus in Bangalore erschossen wurde. Nach Recherchen des Committee to Protect Journalists sind seit 1992 27 Journalisten in Indien aufgrund ihres Berufs ermordet worden. Die meisten dieser Morde blieben und bleiben unaufgeklärt.

Bevor ihr euch aber unnötig sorgt, schließe ich lieber mit erfreulicheren Themen. Erfreulich ist neben dem geistigen Input in jedem Fall das Essen, das jeden Tag am College (und anderswo) für uns aufgetischt wird (die Überleitung hinkt, ich weiß, aber wie soll man da auch überleiten?). Viel Gemüse, viel Curry, viel Masala, dazu würzige indische Pickles, frisches Brot, Curd Rice (eine Art Reis-Joghurt-Matsch und eine Wohltat für den Magen, der bei all der Schärfe doch ein wenig rebelliert) und zum Abschluss etwas undefinierbar Süßes, das dermaßen süß ist, dass es nicht wundert, dass Indien zu den weltweiten Spitzenreitern in puncto Diabetes zählt. Zur Steigerung der Vorfreude auf den nächsten Sommer empfehle ich schon einmal süß-salzige Limetten-Limonade (wunderbar erfrischend und defintiv das Beste, um bei 24/7-Schwitzen den Mineralstoffhaushalt im Gleichgewicht zu halten) und gegrillten Indian Street-Style-Mais. Und, weil Tiere immer gehen, hier zu guter Letzt noch Bilder der tierischen Begegnungen im College-Alltag (vorerst lose angefügt, da meine HTML-Kenntnisse leider noch nicht ausreichen, eine Bildergalerie zu basteln).

Mitstudent am College

Gut getarnte Fauna auf dem Gelände



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